Übersicht:

 

Ein kurzer Augenblick (Morgens am Fenster)

Hinter der Zeit (Eine Zeitreise) 

Musiknoten (Zauber der Musik)

Der Zauber des Augenblicks (In die Stille gehen) 

Ein kurzer Augenblick

Ein milder Wintertag im Februar.

Die zarten Krokusse erinnern eher an Frühling als an Winter.

Ebenso die zwitschernden Vögel, die bereits um 5 Uhr am Morgen loslegen.

Mitte Februar. Kommt mir komisch vor.

Ich frage mich, ob sie jedes Jahr so früh beginnen.

Vorgestern kamen die ersten Kraniche zurück. Sind die nicht erst vor einem Monat losgezogen?!

Naja, nach Afrika brauchen sie ja auch gar nicht mehr zu reisen.

In Spanien ist es so warm und trocken, dass ihr inneres Navi bereits nach 1.500 km sagt: 

Ziel erreicht. 

Andalusien ist das neue Afrika. Aus einem Langstreckenvogelflug wird eine Mittelstrecke. 

Ich schweife ab....

Ich schüttele mich und lasse gleichzeitig das Gedankenkarussell der Nacht los.

Dann noch eine kurze Meditation,  um mich auf mein Herz zu konzentrieren und vom Kopf wegzukommen.

 

 

 

 

 

 

 

Ich tanze kurz zur Cellomusik. 

Ich mag Cello. 

Vielleicht sollte ich das mal ausprobieren und gegen die Gitarre eintauschen, die leicht verstaubt in ihrer Hülle in der Ecke steht. 

Wirkt ein bisschen traurig, wie sie da so steht. Etwas einsam und verlassen.

Ach, ich schweife wieder ab...

Dann stelle ich mit meinem Kaffee ans Fenster.

Plötzlich: 

Eine Bewegung im linken Augenwinkel. 

Auf dem Rasen im Vorgarten. 

Ich folge der Bewegung und sehe einen weißen Tier-Popo. 

Ein Reh. 

Ich lächle.

Dann fällt meine Aufmerk-samkeit wieder nach links.

Ein zweites Reh. 

Es stoppt, schaut sich um.

Der Blick geht die Straße entlang. Schulterblick. Ich lächle erneut. 

Einen Moment hält es inne.

Dann geht es weiter seines Weges.

Mitten über die Straße im Wohnviertel in Richtung Wald. 

Ich freue mich wie ein kleines Kind.

War ich eben noch ein wenig in meinen Gedanken gefangen, 

so hüpft nun mein Herz

und ich fühle so ein großes Glück. 

Es war nur ein kurzer Moment,

ein Augenblick,

kaum 10 Sekunden…

und trotzdem verzaubert er mich ungemein.

Ich nehme einen weiteren Schluck Kaffee,

und dann tanze ich wieder zur Musik.

Drehe Pirouetten, 

hüpfe 

und fühle mich jung 

und so lebendig. 

 

Februar 2024

Hinter der Zeit

Hinter den Zeigern der Zeit sind winzige Zahnräder, die von einem lustigen, schlauen Kobold gedreht werden. Meist in Richtung Zukunft, dann wieder schlägt sich das kleine Wesen auf die Schenkel, erlaubt sich einen Schabernack und dreht alles andersrum: Vergangenheit.

Der Zeit wird ganz schwindelig. „Immer dieses Hin- und Her“, raunt sie. 

Plötzlich: doppelte Geschwindigkeit... fünffache Geschwindigkeit... Überschallgeschwindigkeit.                Dann: Stillstand. Stopp.

Von einem Moment auf den anderen geschieht eine Zeitreise. Die Frau mit dem Namen Charlotte verwandelt sich und heißt plötzlich Melokuhle. Auch die Umgebung verändert sich: Charlotte sitzt jetzt nicht mehr mit ihrer Bekannten am Tisch, sondern durch eine Art Buzzer wird sie mit einem Schwupps in eine andere Zeit katapultiert. Nun ist sie also ein Mann und hockt vor einem toten Wildschwein, welches er (oder sie?!) gerade mit seinem Speer erlegt hat. Soso.

Der Kobold dreht wie verrückt erneut an der Zeit. Dieses Mal wieder nach vorne, in Richtung Gegenwart. Leicht schwindlig und etwas benommen, sitzt Charlotte nur einen Moment später wieder am Tisch. Den Geruch des toten Tieres hat sie allerdings noch in der Nase. 

Sie taumelt ins Badezimmer und wäscht sich erst einmal das virtuelle Blut von den Händen ab. Unter ihrem Rock hat sie ein vages Gefühl und eine leise Ahnung von einem Lendenschurz. Barfuß ist sie auch, obwohl sie doch zum Rock passende Sneakers trägt….

 

 

 

Plötzlich vergehen all die Erinnerungen und sie ist wieder voll im Moment. Leicht berauscht von dem, was da gerade mit ihr geschieht. Ihr Handy piept und brummt und es erscheint eine Erinnerung darauf, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal dort hinreisen soll. Sie schüttelt sich leicht angewidert, schmunzelt dann, streckt ihre Schultern und verlässt das Bad, als sei nichts gewesen. Charlotte ist sich sicher: 

Hinter der Zeit ist das ewige Jetzt. 

Als sie die Badezimmertür von außen schließt, ruft der kleine Kobold: „Zeitreise beendet“. 

Dann legt er sich für einen Moment auf das winzige Zahnrad von Charlottes innerer Uhr, um sich etwas auszuruhen. Hat ja auch schwer an der Zeit gedreht, der Kleine.

 

Februar 2024

Musiknoten

Spätsommer. Ich sitze mit Kopfhörern auf meinem Balkon und höre instrumentale Filmmusik.         Bin gerade völlig entspannt und fühle mich pudelwohl. Hätte ich vor einer Stunde noch gar nicht gedacht.

Die Sonne wärmt mein Gesicht und ich bin dankbar für diesen schönen Tag. 

Nach einigen Tönen habe ich plötzlich das Bild eines Klaviers in meinem Kopf.           Es steht irgendwie mitten in meinem Gehirn. Merkwürdig.

Hier scheint jetzt wieder etwas Wundervolles zu passieren.

Ich lächle immer mehr und lasse Musik und Bilder frei laufen. Das fühlt sich mal wieder nach einem zauberhaften Moment an.

Ein Cello zeigt sich mit den ersten gespielten Tönen in meinem Rumpf. Ich öffne leicht meinen Mund und eine Reihe von Musiknoten verlässt ihn.  

Sie hüpfen herum und bleiben mit ihren Notenfähnchen in den Bäumen und Sträuchern im Garten hängen.

Auf der Wiese steht ein großer, schwarzer Flügel und der Pianist haut ordentlich in die Tasten. Laut, aber harmonisch. Leichte Dramaturgie. Schön!

Er bekommt von der Musikelfe nichts mit, die glücklich und voller Freude und Leichtigkeit durch den Garten tanzt. 

Auf dem Klavier steht eine Schale, aus der goldene Funken sprühen. So wie ein Tischfeuerwerk an Silvester.

Das Lied neigt sich dem Ende entgegen. Letzte Töne vergehen.

Ich schließe meinen Mund und der Zauber ist vorbei.         So als hätte ich eine Schatzkiste verschlossen.

Ich schaue noch etwas verwundert über die Balkonbrüstung und sehe gerade noch, wie sich die letzte Note mit einem leisen "ping" in Luft auflöst.

Und ich frage mich, ob ich schon immer diese blühende Fantasie hatte.

 

August 2021 

Der Zauber 
des Augenblicks

„Im Hier und Jetzt sein.“ „Völlig im Moment sein.“       Das sind Sätze, die mir immer wieder begegnen.

Aber wie schaffe ich das, wenn meine Gedanken ihre Kreisel drehen und jede Form von Meditation mich nur noch unruhiger macht?

"Ich erde mich bei der Gartenarbeit", sagt Birte.

 "Sport. Definitiv, Sport", entgegnet Andrea und ist auf dem Sprung zum Power-Yoga. 

"Und ich brauche eine große Tasse schwarzen Kaffee. Am besten auf meinem Balkon", meint Kathi.   

Für mich ist es immer wieder wichtig in die Stille zu gehen: Nicht reden, nicht berieseln lassen, nicht ablenken. Auch wenn mir genau das gerade häufig schwer fällt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Aber in dieser Stille kann ich mich öffnen für das, was ja sowieso schon da ist…tief in mir drin: Zufriedenheit, Liebe, Frieden. Es gibt viele Umschreibungen für das Bei-sich-Ankommen.

Ich finde diese innere Ruhe auch regelmässig in der Natur: Auf einer Decke sitzend, Schafe in meiner Nähe. Wenn sie mir helfen, alle Gedanken beiseite zu schieben. Und wenn ich mich für die Situation öffne, völlig hingebe, mein Herz öffne für die Stimmung, die hier gerade herrscht. 

Dann ist er ganz plötzlich da:

Der Zauber des Augenblicks.

Das Gefühl von tiefem, innerem Frieden. Und ich bin ein Teil dieses Stückchens Erde. 

Die Mäusebussarde fliegen so nah und tief an mir vorbei, dass sie mich gar nicht zu bemerken scheinen. Auch für sie bin ich jetzt gerade ein Teil dieser Landschaft.

 Zauberhaft.

 

Juli 2021

Fotos: Nic Koray, HerzBerg Herdecke

 

 

 

 

 

 

 

 

©Copyright. Bilder, Texte und Fotos von Stefanie Bräunig

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